#10 Italien und eine große Veränderung!

#10 Italien und eine große Veränderung!

Nachdem ich das Notebook auf der Fähre zugeklappt hatte, habe ich mir überlegt, wo ich es mir während der Nachtfahrt gemütlich machen kann.

Ich hatte keine Kabine gebucht, sondern lediglich freie Platzwahl an Deck. In den Aufenthaltsräumen der Fähre war es super kalt; da hatte es jemand beim Einstellen der Klimaanlage etwas zu gut gemeint. Aufgrund sternenklarem Himmel und einer Sommernacht mit 20 Grad aufwärts, hatte ich mich dann entschieden, mir es im Schlafsack auf dem höchstmöglichen Deck unter freiem Himmel gemütlich zu machen. Es war nicht der bequemste Platz, aber dank Meeresrauschen und monotonen Maschinengeräuschen habe ich dann doch ein paar Stunden Schlaf gefunden. Um 5:00 Uhr morgens war ich wieder wach und bin zunächst ein Deck tiefer um mich frisch zu machen. Danach habe ich mich im Schlafsack auf einer Sitzbank ganz im Heck des Bootes niedergelassen und den Sonnenaufgang beobachtet; echt beeindruckend! Da wir ja von Osten nach Westen gefahren sind, war die Fähre dafür perfekt ausgerichtet. Wer kann schon von sich behaupten, das er mal einen Sonnenaufgang im Schlafsack auf einer Fähre erlebt hat – Schöner Moment mit Weltenbummlerfeeling 🙂

Nachts auf der Fähre
Im Schlafsack beim Sonnenaufgang auf der Fähre
Spielerei mit der Kamera 🙂
Sonnenaufgang

Ein paar Stunden später fuhr die Fähre in den Hafen von Ancona (Italien) ein. Mir war noch immer nicht ganz klar, welche Coronamaßnahmen mich nun erwarten würden. Beim ersten Blick auf das Hafengelände waren aber zunächst keine Vorrichtungen zu erkennen, die auf eine größere Kontrollmaßnahme hätten schließen lassen. Nachdem ich mit dem Rad aus dem Frachtraum der Fähre gefahren bin, bin ich an den wartenden Autos vorbei bis zur Kontrolle geradelt. Bei den Fahrzeugen vor mir schien die Kontrolle doch recht lange zu dauern und ich war schonmal auf irgendwelche Sondermaßnahmen, wie zum Beispiel Coronaschnelltest, eingestellt. Dann war ich an der Reihe: einer kurzer Blick auf das Bild auf dem Personalausweis, ein abgleichender Blick in mein Gesicht und ich durfte weiter radeln und mich frei im Land bewegen! 2 Sekunden, dafür der ganze Zirkus vorher mit einem 5 seitigem Formular, wo noch nicht mal meine Passnummer abgefragt wurde. Es gibt überhaupt keine Verbindung zwischen dem Formular und meinem Pass oder der Kontrolle. Ich war natürlich froh darüber, aber wenn ich Anzeichen von Corona gehabt hätte, hätte ich mich natürlich auch in Isolation begeben. Was mir bei den Fahrzeugen vor mir zunächst wie eine lange Kontrolle vorkam, stellte sich als reines Geschwätz heraus. Liebe Italiener: So macht das alles keinen Sinn! Diese Handhabung ist mir absolut unverständlich!

In Kroatien und vor allem auf der Fähre war mir schon aufgefallen, wie viele Italiener in Kroatien Urlaub gemacht haben. In den deutschen Medien höre ich immer nur: „Bei den Italienern sitzt der Corona-Schock noch tief“. Liebe deutsche Medien: So ein quatsch! Nach den ersten 30 Kilometern in Italien konnte man alles andere erkennen, aber keinen geschockten Italiener. Im Gegenteil, alle liegen eng an eng, wie die Ölsardinen am Strand und auf den Campingplätzen wird Party gefeiert; und ich rede nicht von ausländischen Touristen. Es ist soviel los, dass ich erst beim 8. Campingplatz eingecheckt habe. Entweder Abzockpreise oder man muss mindestens 2 Nächte bleiben. Auf dem Campingplatz wurde ich dann noch angemeckert, weil ich ein Halstuch als Mund-Nasenschutz getragen habe und keine Wegwerfmaske; dabei laufen viele Italiener herum und tragen entweder keine Maske oder nur unterhalb der Nase.

Kurzer Einschub: Überlegt euch bitte, bevor Ihr die nächsten Einwegmasken kauft. Die liegen in jedem Land in der Natur herum und verschmutzen alles! Lieber mal zwischendurch waschen 🙂

Kurz vor unserem Campingplatz haben wir noch eine Pause eingeschoben und ich habe mir einen Eiskaffee bestellt. Nur blöd, wenn ein Italiener keinen Eiskaffee kennt 🙂

Eis im Kaffee = Eiskaffee

Am nächsten Morgen sind Petra und ich jeweils alleine losgeradelt. Wir müssen uns erst mal beide im neuen Land einfinden und nach der Fährfahrt unseren Rythmus wieder finden. Wir haben uns aber später wieder getroffen.

Zwischen Ancona und Pescara liegen rund 150 Kilometer und es gibt so gut wie keinen unbebauten Meter Küste. Es ist als ob man durch einen 150 Kilometer langen Ort fährt. Den ersten Tag in Italien hatte ich irgendwie ziemlich schlechte Stimmung, der ganze Corona-Mist nervt doch ganz schön. (Vermutlich ist meine Stimmung dem Text weiter oben zu entnehmen …)

Auf dem Weg von Ancona nach Pescara – immer an der Promenade entlang

Da ich am ersten Tag so Probleme hatte einen Campingplatz zu finden, habe ich am zweiten Tag in Italien zuvor bei ein paar Plätzen angerufen. Das war auch mein Glück, denn eigentlich wäre ich noch weiter geradelt, aber es stellte sich heraus, dass die Campingplätze bereits alle belegt waren. Der nächstgelegenste Platz hatte dann noch Platz für zwei kleine Zelte und war zudem auch noch echt günstig. Am Morgen hat der Campingplatz Betreiber dann noch ein Foto von uns für seine Facebookseite gemacht. Manchmal läufts halt 🙂

An Tag 3 in Italien kam ich durch die Stadt Pescara durch und habe in 4 Fahrradgeschäften versucht ein neues Kettenblatt zu bekommen. Keine Chance! Nach meiner Beobachtung gibt es in Italien nur total alte Fahrräder oder super moderne Rennräder – dazwischen ist nicht viel zu sehen!

Zumindest hat der Händler beim vierten Geschäft entdeckt, dass ich mittlerweile auch eine Schraube am Kettenblatt verloren hatte; diese hatte er aber zum Glück auf Vorrat und hat sie mir direkt angeschraubt.

Nach 108 Kilometern bin ich auf einen Campingplatz abgebogen und hab schonmal für Petra und mich eingecheckt. Nachdem Petra später ankam, kam auch unser Campingnachbar zurück zu seinem Wohnmobil. Uwe, dieses Jahr die 50 erreicht, war mit seiner kleinen Tochter Ayla und seinem Wohnmobil auf Reisen. Wir haben abends noch ein bisschen zusammen gesessen und am nächsten Morgen hat Uwe uns Kaffee zubereitet. Mega Start in den Tag! Mit einer Tasse Kaffee für jedes Bein kann man wieder kräftig in die Pedale treten 🙂 @Uwe: Mille Grazie!!! Diese kleinen Dinge machen die Reise zu etwas besonderem! Hoffe Ihr hattet nicht zu viel Stau auf dem Weg zurück nach Deutschland!

Am Morgen mit Petra und Uwe auf dem Campingplatz

Mein Plan war es nun Richtung Foggia, einem etwas im Hinterland gelegenen Ort zu fahren. Petra wollte an der Küste weiter radeln. Unsere Wege hatten sich also hier zunächst getrennt.

Ich wollte einfach mal ein bisschen Weg von dem ganzen Trubel am Strand und hatte zudem auch gehofft in einer etwas größeren Stadt eventuell mein Kettenblatt ergattern zu können. Nachdem ich mich vom Campingplatz wieder auf der Straße eingefunden hatte, hatte ich direkt die Chance mich für rund 15 Kilometer in den Windschatten eines Rennradfahrers zu hängen. Die hier gesparte Energie habe ich im Laufe des Tages noch gebraucht.

Windschatten hinter einem Rennradler

Etwas später habe ich Alexio getroffen, ein junger Italiener aus Mailand, welche gerade dabei war Italien mit dem Rad zu erkunden. Wir sind ein paar Kilometer zusammengeradelt und haben uns super unterhalten. Unter anderem hat er mir davon berichtet, dass Foggia nicht gerade die sicherste Stadt sei; viel Kriminalität und Drogenhandel. Alexio ist später nach links Richtung Küste abgedreht und ich bin zunächst alleine weiter Richtung Foggia geradelt. Seine Worte über die unsichere Stadt gingen mir jedoch nicht aus dem Kopf und so habe ich dann einige Kilometer später entschieden meine Route zu ändern und zu versuchen am selben Tag wieder bis ans Meer zu kommen. Da das italienische Festland hier jedoch eine kleine Auswuchtung nach Osten macht, war es ziemlich weit. Mein Tacho zeigte in der Sonne 45,8 Grad an und so fühlte sich meine Haut auch an. Am Ende des Tages hatte ich 148 Kilometer zurück gelegt und das Meer wieder erreicht. An solchen Tagen verbrauche ich Unmengen an Sonnencreme und trinke 6 Liter Wasser. Aber es fühlt sich einfach gut an, wenn man ein Ziel erreicht 🙂 Den Abend habe ich auf einem ganz kleinen Campingplatz direkt am Meer verbracht.

Am nächsten Morgen ging es für mich noch 95 Kilometer bis nach Bari in die Innenstadt. Dort angekommen habe ich mich für die W-Lan Nutzung bei einem McDonalds eingefunden und mir ein kleines Zimmer inmitten der Altstadt gebucht; zunächst aber nur für eine Nacht. Am nächsten Tag musste ich die Unterkunft bis 10:00 Uhr verlassen und habe mich zunächst erneut auf die Suche nach einem Kettenblatt begeben. Wiedermal keine Chance; ich gebe es in Italien auf danach zu suchen. Die letzten rund 700 Kilometer bin ich nun nur auf dem kleinsten und dem größten Kettenblatt gefahren.

Nun Stand für mich ein größeres Thema auf der Tagesordnung: Wie geht meine Reise weiter? Geht meine Reise überhaupt weiter?

Am Morgen in der Unterkunft hatte ich noch recherchiert, ob ich mit der Fähre nach Griechenland einreisen könnte und ja, ich könnte. Allerdings bin ich mittlerweile so genervt von diesen ganzen Coronabeschränkungen und diesem Hin- und Her Überlegen, dass ich mich dagegen entschieden habe. Zudem müsste man, wenn man nicht gerade bewusst falsche Angaben macht, ein paar Dinge bei der Einreise ausfüllen, die ich einfach nicht ausfüllen kann: „Geben Sie alle Standorte an, wo Sie sich die nächsten 7 Tage nach der Einreise aufhalten werden?“ Ich kann ja schon nicht den ersten Standort angeben; geschweige den eine Adresse für eine eventuelle Isolation angeben. Und länger in Italien bleiben? Naja, das Land hat es nicht geschafft, dass ich mich hier sehr wohl fühle. Neben den riesigen Müllbergen die überall abseits der Touristenorte rumliegen, sind mir leider Respektlosigkeit und eine Art herabwürdigendes Verhalten in Erinnerung geblieben. Schade! Aber die schönen Ausnahmemomente und liebenswerten Personen die ich hier kennenlernen durfte, waren jeden einzelnen Kilometer wert.

Andere Länder? Ihr seht es in den Medien selbst, eher schwierig! Nach langem grübeln und dem Akzeptieren der Situation habe ich mich dann dazu entschlossen meine Reise zunächst in Deutschland fortzusetzen.

Da ich noch nie wirklich in Berlin war, möchte ich zunächst Berlin erkunden und dann weiter durch Deutschland und irgendwann vermutlich nach hause radeln. Ein Flug von Bari nach Berlin existiert leider nicht. Daher habe ich mir nach einiger Recherche folgende Route zurecht gelegt: Mit dem Rad von Bari zum Flughafen radeln, das Rad am Flughafen zerlegen und verpacken, Flug von Bari nach Dortmund, dann Fahrrad am Flughafen wieder zusammenbauen, zum Hauptbahnhof Dortmund radeln und dann mit der Bahn nach Berlin fahren.

Ich hatte mich auch am Bahnhof in Bari noch nach einer Zugverbindung erkundigt, aber die Dame meinte es sei über Wochen alles ausgebucht und Fahrradmitnahme eher schwierig. Kurz nachdem ich den Flug über mein Smartphone gebucht hatte, kam Alexio in Bari an. Er hatte noch 2 andere italienische Radler im Schlepptau, welche er am morgen getroffen hatte. Wir waren noch zusammen eine Kleinigkeit in Bari essen und dann haben sich die Wege wieder getrennt. Alexio weiter in Richtung Süden, die beiden anderen mit dem Zug in ihre Heimat Rom und ich zur meiner letzten Unterkunft in Italien.

Der Kerl neben mir ist Alexio

Mein Flug geht am Dienstag Abend und bis dahin gebe ich den Italienern nochmal eine Chance …

Akzeptanz der Dinge, die man nicht ändern kann und Fokus auf die Dinge, die ich gestalten kann; Ich arbeite dran!

Ein Gedanke zu „#10 Italien und eine große Veränderung!

  1. Oh Patti,
    du tust uns jetzt schon etwas leid!
    Du weißt ja, wir freuen uns, wenn du wieder nach Hause kommst, aber wir hoffen ganz feste für dich, dass du deine Reise fortsetzen kannst!
    Hauptsache du bleibst fit und gesund 🙂

    Der Eiskaffee ist ja lustig 😉

    Viele Grüße von Angelina

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