#7 Budapest – Corona – Hitze – 45 – Zagreb
5 Nächte in Budapest – Die Pause vom Radeln hat mal ganz gut getan 🙂
Das Fahrrad habe ich in diesen Tagen nur sehr wenig benutzt; zum Beispiel mal um von meiner Unterkunft in Pest auf die andere Seite der Donau nach Buda zu gelangen. Im hügeligen Teil Buda geht es eher etwas ruhiger zu. Vom Gellértberg, einem Hügel mit einer großen Freiheitsstatue in Buda, hat man einen super Ausblick auf Pest und die geteilte Stadt. Budapest ist wirklich riesig; insbesondere der Teil Pest ist ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Bevölkerungsschichten. Es ist einfach immer etwas los und man hat den Eindruck all die Straßen mit Kneipen und Restaurants wollen gar nicht mehr enden. Aber auch die vielen Bettler und Obdachlosen prägen leider den Blick auf die Stadt.
Gut erholt, mit frisch gewaschenen Klamotten und bestem Wetter, ging es dann am 26.07. in Budapest wieder auf’s Rad. Ich hatte gerade alle Taschen an meinem Rad angebracht und mein rund 50 Kilo schweres Vehicle aus der Eingangstür auf die Straße geschoben, da bemerkte ich, wie mein Vorderrad etwas nachgab. Was war da los? Es war soweit: Ich hatte den ersten platten Reifen! Nach rund 1.800 km kann ich da aber wirklich nicht meckern 🙂
Also hieß es erst mal wieder alle Taschen runter vom Rad und den defekten Schlauch gegen einen neuen austauschen – mit Ersatzteilen bin ich übrigens bestens versorgt. Mit wieder aufgepumpten Vorderrad ging es dann endlich los durch die Stadt in Richtung Donau. Meine 4,5 Bar Reifendruck habe ich dann an der nächsten Tankstelle nochmal genau eingestellt. Auf dem Weg dorthin bin ich noch einem älteren Reiseradlerpärchen aus Deutschland begegnet, die am nächsten Tag Ihre Tour Richtung Balaton starten wollten. Nach einer kurzen Plauderei bin ich dann endlich in meinen Radlertag auf dem Donauradweg in Richtung Süden gestartet.
Das nächste Ziel stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau fest. Aufgrund Corona war mir klar, dass ich evtl. bestimmte Pläne nicht umsetzen kann und auch mal etwas weiter planen muss, als in Zeiten vor Corona.
Ursprünglich hatte ich geplant von Budapest die Hauptstadt Serbiens, Belgrad, anzupeilen. Lt. den Einreisebestimmungen wäre es auch kein Problem nach Serbien einzureisen und sich dort sofort frei bewegen zu dürfen. Jedoch war mir nicht klar, ob ich dann von Serbien auch den nächsten Grenzübertritt wie geplant umsetzen könnte. Die Grenzüberschreitung Serbien – Bosnien-Herzegowina hatte ich ein paar Tage vorher schon abgeschrieben. Nach meiner Recherche bräuchte man einen recht aktuellen negativen Covid-19-Test und müsste anschließend in Bosnien-Herzegowina in Isolation. Also legte ich mir im Kopf die Reihenfolge Ungarn – Serbien – Kroatien zurecht. Lt. den Informationen des auswärtigen Amtes war es für deutsche Staatsbürger kein Problem ohne Beschränkungen nach Kroatien einzureisen. Es gab auch keinen Hinweis, dass dies nur für Herkunftsländer innerhalb der EU gelte. Um auf Nummer sicher zu gehen, hatte ich jedoch noch am Tag zuvor die deutsche Botschaft in Kroatien per E-Mail kontaktiert und mich nach einer Möglichkeit der Einreise von Serbien nach Kroatien erkundigt. Die Antwort habe ich im Laufe des Tages erhalten: Es sei kein Problem einzureisen, ich müsste mich jedoch dann in Kroatien in eine 12-tägige Isolation begeben. Na super, also fällt neben Bosnien-Herzegowina auch Serbien als Reiseland weg. Corona lässt grüßen 🙁
Zumindest stand für mich so das nächste Ziel fest: Zagreb in Kroatien.
Der erste Tag ab Budapest und die Tage darauf war es extrem heiß. Morgens um 10 Uhr zeigte mein Fahrradtacho 30 Grad an und das im Schatten. Nach 2 Tagen radeln in der Hitze mit 96 km und 121 km Etappen war ich ziemlich platt. Für die erste Nacht hatte ich mir einen Wildcampplatz gesucht und die zweite Nacht auf einem Campingplatz in Baja (im Süden Ungarns) verbracht. In Baja angekommen war ich total erschöpft und musste mich erstmal kurz sammeln. Mangels anderer Möglichkeiten, hab ich mich einfach spontan in den Schatten auf den Radweg gesetzt. Ich sah wohl ziemlich fertig aus, denn ein vorbeifahrendes Auto hat angehalten und sich erkundigt ob alles in Ordnung sei. Sehr hilfsbereit!
Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es weiter zum Campingplatz. Dort habe ich abends noch ein Reiseradler Pärchen aus Frankreich getroffen, welche mit ihren beiden Kindern unterwegs waren. Der Mann hatte eine Vorrichtung an seinem Rad, wo er das Rad seines Sohnes einhängen konnte. Er meinte vormittags fährt der Sohn selber und nachmittags zieht er seinen Sohn dann hinter sich her. Das hätte ich auch mal gern – @ Papa: Mit deinem eBike solltest du das doch schaffen, oder?! 🙂
Da auch der nächste Tag wieder so extrem warm wurde, habe ich kurzfristig beschlossen an diesem Tag nach 40 km das Rad abzustellen. Kurz vor Etappenende habe ich noch mit einer Fähre die Donau überquert und auch dabei wieder zwei Reiseradler getroffen, welche sich jedoch gerade nur auf einem Tagesausflug befanden. In der kleinen Stadt Mohacs, kurz vor der serbisch, kroatischen Grenze habe ich mich dann für 2 Nächte in einem klimatisierten Apartment einquartiert. Welch ein Luxus nach den 2 anstrengenden Tagen. Neben der Hitze waren es aber auch die vielen Stechmücken, welche mir in den letzten Tagen wirklich zu schaffen machten. Es war egal was man gerade machte; Zeltaufbau oder Zeltabbau, Essen kochen, Fahrrad fahren oder einfach nur Sitzen, die Mücken waren einfach immer dabei!
In Baja hatte ich mich morgens noch mit neuem Anti-Mückenspray ausgestattet und dieses in Mohacs in der Apotheke um weitere Mücken-Hilfsmittel ergänzt.
Falls Ihr euch die ganze Zeit gefragt habt, was die Zahl 45 im Titel bedeuten soll: Ich habe 45 Mückenstiche gezählt – Wahnsinn! Dank Pharmazeutika ist es aber mittlerweile wieder einigermaßen auszuhalten 🙂
Leider waren auf dem Donauradweg deutlich weniger Reiseradler unterwegs als ich erwartet hätte. Es ist nun mal ein Jahr mit recht bescheidenen Reisemöglichkeiten – aber für über 2.000 km quer durch Europa hat es bei mir bisher schonmal gereicht.
In Mohacs habe ich dann am 30.07. den Donauradweg verlassen, denn dieser führt weiter nach Belgrad. Um nicht in der Mittagshitze radeln zu müssen, bin ich morgens um 05:15 Uhr an der Unterkunft los. Um 11.00 Uhr hatte ich 105 km hinter mir und mein Tagesziel erreicht. Es waren auch schon wieder 30 Grad im Schatten, daher war ich happy, das ich so gut voran gekommen bin. Ich hatte mir bereits am Tag vorher einen kleinen Campingplatz ausgesucht. Dort angekommen hatte ich zunächst gedacht der Campingplatz hätte geschlossen, denn es war weit und breit niemand zu sehen. Nachdem ich ein paar mal laut „hello“ gerufen habe, kam dann David und hat mich begrüßt. Der Campingplatz hatte schon offen, aber ich war einfach der einzige Gast. Spätestens wenn man mitten im Sommer einen ganzen Campingplatz für sich alleine zur Verfügung hat, werden einem die Auswirkungen von Corona klar.
Bis nach Zagreb waren es jetzt noch rund 200 km und ich plante mir dafür 2 weitere Vormittage ein, an welchen ich wieder früh morgens starten wollte. Für den nächsten Tag waren wieder 30 Grad + gemeldet, die gefühlte Temperatur lag sogar noch etwas höher.
Vom Campingplatz in Sellye bin ich morgens wieder um kurz nach fünf los. Frühstück, Zeltabbau und Equipment verstauen erledigte ich mit Stirnlampe auf dem Kopf. Nach gut 40 km hatte ich den Ort Barcs erreicht, mein letzter Ort in Ungarn. Von hier aus ging es dann über die Drau (= Fluss von Südtirol bis Donau) rüber nach Kroatien. Obwohl es ein Grenzübergang innerhalb der EU ist, wurde hier sehr genau kontrolliert und das sogar doppelt. Mein Pass wurde sowohl auf ungarischer als auch auf kroatischer Seite zur Kontrolle einkassiert. Als ich gerade die Wartezeit am Grenzübergang für ein Foto nutzen wollte, wurde ich umgehend von einer Zöllnerin zurecht gewiesen, dass Fotografieren nicht erlaubt sei. Bevor ich noch alle meine Taschen auspacken müsste, habe ich lieber mal direkt Folge gleistet 🙂 Zudem wurde bei der Einreise nach Kroatien noch meine Handynummer registriert; ich nehme an als Corona-Maßnahme.
Dann ging es auf kroatischem Boden weiter Richtung Bjelovar; dies war mein Tagesendziel.
Vor meiner Reise habe ich natürlich auch viele Reiseberichte und Bücher von anderen Reiseradlern gelesen. Einige von ihnen hatten immer wieder von Problemen mit Hunden in Osteuropa berichtet. Bisher hatte ich damit keine Probleme, aber das sollte sich an diesem Tag ändern. Auf den letzten 40 Kilometern an diesem Tag, sind mir einige kläffende Vierbeiner begegnet. Vier davon haben mich sogar verfolgt. Da fährt man gemütlich durch einen kleinen Ort und sieht einen kleinen Hund auf einem Grundstück sitzen, welcher sich sogar ganz ruhig verhält; doch plötzlich kommt ein zweiter Hund irgendwo aus dem Hinterhof hervor und nimmt direkt laut kläffend die Verfolgung auf. Gut vorbereitet mit Pfefferspray in der Hand und viel Adrenalin in den Beinen gelang es mir aber davon zukommen. Solche Begegnungen braucht man nicht jeden Tag!
Ohne Bisswunden in Bjelovar angekommen, habe ich mir zunächst eine Unterkunft gesucht. Wildcampen ist momentan keine Option für mich. Tagsüber kann ich aufgrund der Hitze nicht mehr radeln; sich schon mittags einen Wildcampplatz zu suchen macht keinen großen Sinn und abends nochmal dafür los zu radeln ist auch nicht so prickelnd. Zudem möchte ich auch mal meine Mückenstiche los werden 🙂
Mein Rad läuft nach wie vor grundsätzlich rund. Leider haben sich jedoch die Schrauben vom vorderen Seitenständer etwas gelöst, wodurch der Lenker umschlug und das Rad auf meinen Seitenspiegel gefallen ist; dieser ist nun hinüber! Naja, wenn ich mal länger an einem Ort bin, dann wird ein neuer bestellt. Leider finde ich mein Wunschmodell in keinem bikestore in Kroatien.
Am nächsten Tag bin ich noch 92 km von Bjelovar bis nach Zagreb geradelt. Dort angekommen habe ich ein paar Unterkünfte angerufen und letztlich ein günstiges Zimmer mitten im Zentrum von Zagreb gefunden; mein Rad durfte auch wieder mit ins Zimmer 🙂
Die Aufenthaltsdauer in Zagreb steht noch nicht so genau fest. Erstmal zwei Nächte, aber Verlängerung ist aufgrund Corona kein Problem; Platz ist vorhanden. Salm – Zagreb (mit Umwegen) waren bisher 2.379 km und exakt 1 Monat.
5 Gedanken zu „#7 Budapest – Corona – Hitze – 45 – Zagreb“
Lieber Stefan,
wir sind gerade in Pisa und haben uns gerade wieder dein Reisetagebuch durchgelesen…sehr spannend und abenteuerlich was du alles erlebst 😉 Pass gut auf dich auf!! Von den Mückenstichen können wir auch ein Lied singen, ich habe mehr als 70 und Stefan paar weniger…blöde Mistviecher 😀
Gute Weiterreise und erhol dich gut für die nächsten Reisekilometer! Und ganz viel Spaß am Meer!
Viele liebe Grüße, Dana & Stefan
Hi Stefan, habe schon auf deinen nächsten Bericht gewartet 😄ist sehr spannend zu lesen. Es freut mich, dass es dir soweit gut geht. Die Begegnung mit streunenden Hunden bräuchte ich auch nicht 😅. Weiterhin gute Reise und bleib gesund, LG Monika
Hallo Pätti ❤️ich vermisse dich sehr! Ich freue mich wenn du heil zurück kommst !
❤️😘
Bin froh das dein Reisetraum in Erfüllung geht wenn auch in anderer Form. Genieße die Zeit die Eindrücke das Leben und bleib gesund wünsche dir nur das Beste deine Mutter
Hallo Stefan, toll, wie weit Du schon gekommen bist. Gutes Essen und Trinken sind in Kroatien in jedem Fall gesichert und und sollten Dir die Kraft für die nächsten tausend km geben. Wir sind gespannt, wie’s weitergeht! LG